In der Bellis-Arbeitsgemeinschaft für goetheanistische Pflanzenerkenntnis treffen sich Menschen, die in der goetheanistisch-anthroposophischen Forschung und Lehre tätig sind und sich durch Austausch einen vertieften Zugang zum Wesen der Pflanzen im Sinne Goethes erarbeiten wollen. Wir bieten Seminare an, halten Vorträge und verfassen Studien über Heilpflanzen, Kulturpflanzen und Wildpflanzen.
Wir üben, die Pflanze mit vielen Sinnen wahrzunehmen, die Art ihrer vegetativen und generativen Entwicklung im Jahreslauf mitzuverfolgen und ihren Zusammenhang mit dem Standort zu beachten, um uns sprechende Wahrbilder ihres Wesens zu erarbeiten.
Arbeitsschwerpunkt ist zurzeit die Frucht- und Samenbildung der Pflanzen. Dieses Gebiet wurde goetheanistisch noch kaum bearbeitet. Durch die unglaubliche Fülle unterschiedlicher Gestaltungen ist bis heute wissenschaftlich keine befriedigende Systematik der Fruchtformen gelungen. Wir versuchen hier mit Hilfe der goethe'schen Betrachtungsweise und Anregungen aus der Anthroposophie durch neue Gesichtspunkte zu einer schlüssigen Einteilung der Früchte zu kommen. Eine gemeinsame Buchveröffentlichung ist angestrebt.
Goethe gilt als Vater der vergleichenden Morphologie. Sein methodischer Ansatz wurde von Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, erneut aufgegriffen, erkenntnistheoretisch vertieft und erweitert. «Goetheanismus» vermeidet spekulative Hypothesen (Meta-Physik) und Abstraktionen und versucht durch eine systematische Schulung der eigenen Wahrnehmungs- und Erkenntnismöglichkeiten, sich eine nachvollziehbare «Phänomenologie» zu erarbeiten. Goetheanismus bemüht sich um ein Verständnis des Lebendigen, schafft dabei seelisch das Fundament einer selbstlosen Liebe für die Erde und setzt durch fortschreitende Fähigkeitenbildung auch im Sozialen neue, zeitgemäße Maßstäbe. So trägt Goetheanismus entscheidend zu der Lösung aktuell brennender Zeitfragen – der ökologischen und der sozialen Frage - bei.
Die Arbeitsgruppe tagt dreimal im Jahr und lebt vor allem von einem inhaltlich-methodischen Austausch. Er ist die Grundlage aller „Lehrtätigkeit“, die in den vergangenen Jahren immer stärker in den Mittelpunkt rückte. So entstand – neben einer Reihe rhythmisch angebotener Seminarwochen – aus der Initiativkraft der Bellis-Arbeitsgruppe eine «Berufsbegleitende Ausbildung für goetheanistisch-anthroposophische Naturwissenschaft», die seit 2010 Menschen durch Mentor-begleitete Forschungsprojekte die Möglichkeit bietet, Goetheanismus mit ihrem Beruf und Leben zu verbinden.
Weshalb Bellis?
Bellis perennis, das Marienblümlein oder Gänseblümchen, blüht fast zu jeder Jahreszeit. Es liebt die zivilisierten Rasenflächen und ist aus diesem Grund in Gärten und Anlagen überall zu finden. Die Blätter dieser bescheidenen Pflanze sind dicht an die Erde gedrückt, lediglich die pausenlos hervorgebrachten schlanken Blütentriebe erheben sich und öffnen ihr kindlich-frisch anmutendes Körbchen. Nur sie werden vom Rasenmäher erwischt - und wachsen innerhalb weniger Tage wieder nach. Bescheidenheit und Präsenz, Vitalität und Zurückhaltung, Expressivität und Mäßigung: das Gänseblümchen lebt das «Sowohl-als-auch» und ist deshalb – seinem Namen gerecht – unaufdringlich "das ganze Jahr schön".
Mitarbeit in der Bellis-Arbeitsgruppe ist nach Voranmeldung möglich. Kontakt Jan Albert Rispens ->
Fassung November 2019